Geschichte Weißensees
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An einer Handelsstraße, die Böhmen und Sachsen mit der Ostsee verband, wurde das Dorf Weißensee Anfang des 13. Jahrhundert gegründet. Der fischreiche See bildete die Erwerbsgrundlage der ersten Bewohner. Sie siedelten sich am Ostufer des Sees an. Die Pfarrkirche an der Falkenberger Straße stammt aus diesen alten Tagen.
In einer Urkunde im Copialbuch des Klosters Lehnin über einen Gütertausch wird 1242 ein Conradus de Wittense mit anderen Personen als Zeugen genannt. Alle in der Urkunde genannten Personen kommen aus einem Umkreis von höchstens 73 km um das Kloster Lehnin, das 1180 von Otto I. gegründet wurde. Das Kloster Lehnin diente als Hauskloster und Grablage der Askanier die die Mark Brandenburg besiedelten. Daher ist zu vermuten das sich hinter dem Conradus de Wittense der Lokator (vom Markgraf eingesetzter Dorfgründer) von Weißensee verbirgt.
In einer Urkunde aus dem Jahre 1313 wurde das Dorf Weißensee zum ersten Mal erwähnt. 1376 lässt der in Prag residierende Kaiser Karl IV. Weißensee wie alle Dörfer seines Herrschaftsbereichs in das "Landbuch der Mark Brandenburg" eintragen. 1486 belehnt Kurfürst Johann Cicero den Berliner Gewandschneider Thomas Blankenfelde mit einem Bauernhof und macht ihn zum ersten Gutsherren von Weißensee.
Das Rittergut Weißensee
Um 1540 wurde in Weißensee ein Rittergut eingerichtet, das in der Folgezeit mehrere Male geteilt wurde und häufig seine Besitzer wechselte Während des 30-jährigen Krieges (1618-1648) wurde Weißensee mehrmals besetzt so z.B. 1636 und 1639 von den Schweden. Nach dem Ende des Krieges leben in Weißensee nur noch 3 Familien. Erst 30 Jahre später wohnen wieder 143 Menschen. Carl Gottlob von Nüßler vereinigte 1745 die getrennten Güter und errichtete am Südufer des Sees ein schlichtes Gutshaus.
Der Verleger Friedrich Nicolai, beschreibt 1786 in seinem Buch "Beschreibung der Königlichen Residenzstädte Berlin und Potsdam, aller daselbst befindlicher Merkwürdigkeiten, und der umliegenden Gegend" folgendes: "Weißensee, ein Dorf, 1 Meile von Berlin, dem Hrn. von Schenkendorf gehörig. Es ist daselbst ein sehr schöner Garten, dem die angenehme Lage an dem großen See, von dem das Dorf den Namen hat, noch mehr Reiz gibt... Es gehet von Berlin dahin eine Allee ..."
Der Dorfkrug, aus dem das spätere "Cafe Rettig" wurde, wird von Carl Gottlob von Nüßler errichtet. Ab 1804 begann man mit dem Bau der "Provinzial-Chaussee" Berlin-Weißensee-Bernau. Allerdings reichten die Mittel nur, um bis nach Weißensee zu kommen. Erste wirtschaftliche Impulse kamen mit dem 1817 von Johann Heinrich Leberecht Pistorius patentierten Brennapparat mit dem Kartoffelschnaps gebrannt wurde. Eine große Feuersbrunst, bei der 8 Menschen starben, verwüstete am 13. und 14. Juli 1823 Teile des Dorfes. 1848 wurde ein zweiter Anlauf genommen um die Straße entlang der heutigen Berliner Allee nach Bernau fertig zustellen.
Anstelle des Gutshauses am Südufer des Sees entstand 1859 ein schlossähnliches Gebäude mit einem Park. Während es alle Immobilienspekulanten Berlins nach Westen zog erwarb 1872 der Hamburger Kaufmann Gustav Adolf Schön das Gut Weißensee für 700 000 Taler. das er parzellierte und weiter veräußerte. Dr. Ernst Gäbler errichtete mit seiner "Gesellschaft für Mittelwohnungen" südöstlich der "Königschaussee" das "Französische Viertel", ein Wohngebiet das heute "Komponistenviertel" heißt.
Die 1872 eröffnete Berliner Ringbahn erhielt 1875 einen Bahnhof Weißensee, den heutigen S-Bahnhof Greifswalder Straße. Am 1. November 1873 fährt der erste Pferdeomnibus vom Alexanderplatz nach Weißensee, allerdings gibt Unternehmer wegen der schlechten Straßen nach kurzer Zeit wieder auf.
1874 wurde das Schloss zu einer Vergnügungsstätte umgebaut, deren Betreiber häufig wechselten. Erst Rudolf Sternecker entwickelt das Unternehmen zu dem viel besuchten "Welt-Etablissement Schloss Weißensee", mit 2 Tanzsälen, einer Rutschbahn, Ballonfahrten, Karussells, Würfelbuden, und verschiedene Bierlokalen. Mit zu diesem Erfolg trug die Pferdeeisenbahn bei, die ab 1877 den Alexanderplatz mit Weissensee verband. Das Schloss wurde 1919 durch einen Brand zerstört.
1875 wurde ein vierzig Hektar großes Areal von der Jüdischen Gemeinde zur Einrichtung eines neuen Begräbnisplatzes Jüdischer Friedhof erworben, der 1880 eingeweiht wurde. Er ist der größte jüdische Friedhof Europas.
1877 errichtete der Berliner Traber-Club auf einem an Heinersdorf grenzenden Gelände die erste Berliner Trabrennbahn. Erste Rennen fanden am 16. und 17. Juni 1878 statt und führten mehr als 12.000 Besucher nach Weißensee. Später wurde sogar eine Sonderlinie der Straßenbahn bis vor die Tore der Rennbahn geführt. Nach mehreren Umbauten und zeitweiligen Schließungen wurden die Rennen 1912 auf neue und modernere Bahnen verlegt.
Aus dem Gutsbezirk Weißensee wurde, bedingt durch sein rasches Wachstum, 1880 die Landgemeinde Neu-Weißensee, die bis 1900 bereits auf über 30.000 Einwohner wuchs.
Um 1900
Zwischen 1898 und 1906 wurde in mehreren Etappen die Ruthenbergschen Fabrikanlagen errichtet. Es waren von Werkstätten und Lagerräumen umschlossenen Höfe, die sich zwischen der Langhansstraße und der Lehderstraße, sowie der Behaimstraße und der Roelckestraße erstreckte. Die Mieter bekamen auch Strom, Gas und Wärme geliefert. Man kann sie zu Recht als Vorläufer der heute so gepriesenen Gewerbehöfe bezeichnen. Die einzigen zwei höheren (4-etagigen) Gebäude in der Lehderstr. 16-19 beherbergten eine Goldleistenfabrik.
1901 wird die Straßenbahn, auf elektrischen Betrieb umgestellt, auch die seit 1892 bestehende Zweitlinie, die durch Langhansstraße und Prenzlauer Allee zum Zentrum führt. 1905 erfolgt die Vereinigung des Dorfes Weißensee mit der Landgemeinde Neu-Weißensee zur Gemeinde Weißensee um gemeinsam das Stadtrecht zu beantragen.
Die Bethanienkirche auf dem Mirbachplatz wird 1902 von Kaiser Wilhelm II und Kaiserin Auguste Viktoria eingeweiht. 1906 wurde das Amtsgericht, erbaut "im Stile deutscher Renaissance mit gotischen Motiven", eingeweiht.
Um weitere Industriebetriebe im Norden Berlins anzusiedeln, wurde beschlosssen, eine Industriebahn zu bauen, Sie sollte Friedrichsfelde im Osten mit dem Tegeler Hafen im Westen verbinden und berührte auch Weißensee. Nach ihrer Eröffnung 1908 konnten nun auch Großbetriebe hier tätig werden.
Die Gemeinde erwirbt das Schloss und die Parkanlage mit dem See und machte ihn der Öffentlichkeit zugänglich. Mit der Errichtung des sog. Gemeindeforums am Kreuzpfuhl wurde um 1910 der gewachsenen Kommune ein repräsentatives, parkartig gestaltetes Zentrum gegeben. In dem Gebäude hat der Frei-Zeit-Haus e.V. Frei-Zeit-Haus seine Heimat gefunden. Das Gemeindeforum und die Wohnhäuser Woelckpromenade 2 - 7, auch bekannt unter Munizipalviertel, sind eine auch heute noch anerkannte städtebauliche und architektonische Meisterleistung des Architekten Carl James Bühring.
1910 sucht die Gemeine erneut um das Stadtrecht nach, wird aber wie beim ersten Mal abgelehnt.
Eine leider inzwischen in Vergessenheit geratene Einrichtung ist das 1911 eröffnete 1. Kommunale Säuglings- und Kinderkrankenhaus Preußens, das sich in der Kniprodeallee, der heutigen Hansastraße befindet. Es besaß damals einen eigenen Kuhstall.
Eines der bekanntesten Cafe's in Weißensee, das Milchhäuschen am Weißen See öffnete 1911 als kommunaler Betrieb. Um die Kühlanlage des 1906 gebauten Elektrizitätswerkes zu verdecken, wurde 1912 die Seebrücke erbaut. Hans Schellhorn schuf die beiden Skulpturen, die die Seebrücke zu "bewachen" scheinen.
1913 begründet Weißensee seinen Ruf als Filmstadt. In der Franz-Josef-Straße - heute Liebermannstraße - richten die Continental Kunstfilm GmbH, die Pathe-Freres GmbH und die Vitascope Gesellschaft Filmateliers ein. Zwischen 1913 und 1928 wurden in Weißensee 49 Filme gedreht, darunter "Der Hund von Baskerville" (1914 und "Das Cabinet des Dr. Caligari" (1919). In "Tragödie der Liebe" (1923) steht Marlene Dietrich zum ersten Mal vor der Kamera.
Ab 1920
1920 wurde Weißensee mit Hohenschönhausen, Malchow, Falkenberg und Wartenberg zum 18. Verwaltungsbezirk von Berlin. Die Planschwiese, die sich gegenüber der Seebrücke befindet, wurde 1920 angelegt um eine Bademöglichkeit für Kinder zu schaffen. 1928 fiel der älteste Gasthof "Zum grünen Baum" einer Straßenverbreiterung der Berliner Allee zum Opfer.
In den zwanziger Jahren setzten umfangreiche Wohnungsbauprojekte ein, um den Zustrom nach Weißensee bewältigen zu können. So entstand nach 1925 in der Buschallee von Bruno Taut ein in sich geschlossenes Ensemble. An der Woelckpromenade entstand nach Plänen von Joseph Tiedemann das Holländerquartier, ein Gebäudekomplex mit roten Klinkern nach alten Formen. Vor Beginn des Schuljahres 1926/1927 finden erstmals von der Stadt bezahlte ärztliche Untersuchungen auf Schultauglichkeit von Schulanfängern statt. 1928 wurden die Rasenstreifen der Berliner Allee abgetragen und die Fahrbahn verbreitert.
An der Pistoriusstraße wurde 1929 ein großes Schulhaus eingeweiht. Es nahm ein Oberlyzeum, eine Mittelschule und die weltliche Schule auf. Im gleichen Jahr wurden die schon seit 1913 existierenden Entwürfe für die U-Bahnlinie vom Alexanderplatz nach Weißensee überdacht. Man erwägt einen U-Bahnhof unter der Pfarrkirche und dem Pfarrhaus an der Berliner Allee, die dem Projekt weichen müßten. Es wird nicht realisiert. Jedoch wurde der Pfarrpfuhl als Vorleistung mit dem Aushub aus dem U-Bahnbau nach Friedrichsfelde zugeschüttet.
Die Weltliche Schule Weißensee, die bisher auf mehrere Schulgebäude verteilt war, erhielt im Sommer 1931 ihr eigenes neues Schulgebäude. Es wurde an der Amalienstraße Ecke Parkstraße und Blechenstraße, gegenüber dem Goldfischteich errichtet. der Entwurf stammt von Reinhold Mettmann. Mit zwei Turnhallen, einem Dachgarten, einer Aula und vielen gut ausgestatteten Fachräumen gehörte diese Schule zu den modernsten ihrer Zeit. Das Rektorenhaus ist das heutige Standesamt in der Amalidenstraße.
Auf dem Gelände des alten Pferdebahndepots, das Areal zwischen Große Seestraße - Rennbahnstraße - Parkstraße und Lemgoer Straße, wurde 1931 eine weitere Wohnsiedlung nach Plänen von Paul Mebes und Paul Emmerich fertiggestellt. Weiterhin wird die Bebauung am Pistoriusplatz, den ältere Weißenseer noch als Zickenwiese kennen, fertig. Die Bauarbeiten an der Kirche und dem Gemeindehaus der Neuapostolischen Gemeinde beendet.
Am 16. November 1933 wird der Faule See in Hohenschönhausen auf Grund einer amtlichen Anordnung zum Naturschutzgebiet erklärt. Es ist das älteste innerstädtische Naturschutzgebiet. Die Schokoladenfabrik TRUMPF an der Gustav-Adolf-Straße stellt 1934 ein Bürohaus - heute ein Teil der Kunsthochschule - und im Sommer 1935 ein neues Kraftwerk fertig. Die Niles AG beginnt im gleichen Jahr mit der Serienproduktion einer neu entwickelte Zahnflankenschleifmaschine. Das Werk erreicht mit diesen Maschinen weltweit ein Monopol. Zu den olympischen Sommerspielen 1936 führen Sportler der deutschen Olympiamannschaft im Weißen See ein Schauspringen durch. Am 31. März 1937 wurde der Pferdemarkt an der Schönstraße, der seit 1881 bestand, auf Weisung des Bezirksbürgermeister geschlossen.
1939 begann auf Veranlassung des Luftfahrtministeriums an der Berliner Allee 252 - 260 der Bau großer Fabrikhallen - später als Askanierwerke bezeichnet. Ab 1941 wurden Apparate und Gummitanks für die Luftwaffe produziert. Auf dem Stadtgut Malchow wurde ein Lager eingerichtet, das Arbeitern im Luftschutzbau als Unterkunft dienen sollte, tatsächlich werden dort Zwangsarbeiter untergebracht.
Am 21. Januar 1942 muss die evangelische Kirchengemeinde ihre Glocke von 1664 zum Einschmelzen für den Kriegsbedarf abliefern. Die Glocke von 1474 folgt ihr am 24. August 1943. Am 26. Februar 1945 werden während eines Bombenangriffs die Bethanienkirche, die Stadthalle und das Postamt schwer beschädigt. Am 21. April 1945 überschritten Truppen der 1. Belorussischen Front bei Wartenberg und Malchow die Stadtgrenze und besetzten die ländlichen Ortsteile des Bezirks Weißensee. Am nächsten Tag feuerte sowjetische Artillerie vom Antonplatz aus ins Stadtzentrum.
Ein Teil der beschlagnahmten Betriebe in Weißensee gingen als „Sowjetische Aktiengesellschaft“ in das Eigentum der SU über und sollten demontiert werden, andere Betriebe wurden durch die Treuhand verwaltet. Das entsprach den Beschlüssen des Potsdamer Abkommens. Die Demontage begann in Weißensee, wurde zum großen Teil wieder eingestellt. Die Produktion lief wieder an, es gab wieder Arbeit, die Produkte gingen in die SU. In Weißensee betraf es 250 Betriebe, die durch die Treuhand oder durch die SAG verwaltet wurden, 65 sollten demontiert werden, 18 Betriebe traf es. Zum Beispiel: Firma Raspe, Erwin Auert, Scherb & Schwer; Wilhelm Wurl, Ziel –Abegg.
Ein Höhepunkt nach dem Krieg war die vom 5.12.1945 – 21.1.1946 durchgeführte Industrie – und Gewerbeausstellung mit 40 Ausstellern im Askania – Haus und die Kunstausstellung der Gruppe bildender Künstler.
1945 zieht im Herbst das Bezirksamt in das Askania-Gebäude das zum Rathaus erkoren wurde, allerdings nur für kurze Zeit, da die Verwaltung der Sowjetischen Aktiengesellschaft (SAG) hier einzog. Ab 1953 waren Dienststellen des Ministerium für Staatssicherheit untergebracht.
DDR - 1949 - 1989
07.10.1949 Gründung der DDR, vorher am 23.05.1949 Gründung der BRD. Die beiden Deutschen Staaten gehören jetzt 2 weltanschaulich unterschiedlichen Lagern an. Die bisher sowjetisch oder treuhänderisch verwalteten Betriebe wurden der DDR übergeben und wurden Eigentum des Volkes, VEB oder VEG. Das Französische Viertel heißt seit 1951 Komponistenviertel. Das Französische Viertel repräsentierte bisher die Kriegsschauplätze der Kriege zwischen Deutschland/Frankreich, jetzt wurden Komponisten durch die Namensgebung der Straßen geehrt.
Die Straßenbahn fährt jetzt durch die Buschallee nach Hohenschönhausen und Stern–Radio wurde auf dem Gelände von Raspe gegründet. 1955 erwachte das Gelände der Trabrennbahn für kurze Zeit zu neuem Leben als Radrennbahn. Ein umfangreicher Wohnungsbau setzte ein um die Spuren des Krieges zu verwischen. 1957 wurde die Freilichtbühne Weißensee eröffnet.
1959 entstand das Wohngebiet am Hamburger Platz, 1967 an der Else-Jahn-Straße und 1975 entstand das Gebiet Falkenberger Straße Süd. Das Kreiskulturhaus eröffnet 1962 seine Pforten und erhält 1984 den Namen „Peter Edel“.
Das erste Weißenseer Blumenfest wurde 1963 gefeiert und war seitdem fester Bestandteil des Sommerausklanges in Weissensee. Vor einigen Jahren wurde der Termin auf Juni verlegt. 1967 wurde das Milchhäuschen wegen Baufälligkeit abgerissen und in seiner jetzigen Form wieder aufgebaut.
Der chilenische Maler „Victor Tapia“ malt 1987 den Lebensbaum auf eine Giebelwand am Antonplatz. Durch die Neue Bebauung (2000) am Antonplatz wurde das Bild vernichtet.
Der Bezirksteil Hohenschönhausen wurde 1985 nach umfangreichen Wohnungsneubauten ein eigenständiger Bezirk. Zum 1. Januar 1986 wurden die Ortsteile Blankenburg (1271), Heinersdorf (1319) und Karow (1375) vom Bezirk Pankow dem Bezirk Weißensee zugeordnet. Deren alten Ortsteile stammen aus der gleichen Zeit wie Weißensee.
Die Rennbahn erlebte Ende der 80er Jahre Höhepunkte der anderen Art. Weltstars wie Bryan Adams am 19.06.1988 oder Bruce Springsteen am 19.07.1988 sangen vor 160.000 begeisterten Besuchern.
Ab 1990
Das Jahr 1990 war geprägt von großen politischen Umwälzungen. Am 23.01.1990 verschaffte sich das Bürgerkomitee Zugang zum Askania – Haus, in dem seit 1953 der Personen- und Objektschutz der Staatssicherheit ihren Sitz hatte. Von hier wurde die reibungslose Fahrt der Staatsführung von Wandlitz nach Berlin-Mitte organisiert. Bei der Begehung wurden Unmengen an unterschiedlichen Uniformen und Waffen gefunden. Das Haus wurde ab 2.11.1990 als Rathaus Weißensee genutzt.
In diesem Jahr begann die erste Reprivatisierung bzw. treuhänderische Verwaltung der Weißenseer Industriebetriebe und damit der Anfang von Entlassungen. Durch den Wegfall der Industriebetriebe stellte die Industriebahn 1993 ihren regelmäßigen Betrieb ein. Allerdings fuhren bis 1997 noch vereinzelte kurze Züge. Befremdlich wirkt in diesem Zusammenhang, dass 1996 noch an der Straße An der Industriebahn ein kompletter beschrankter Bahnübergang neu geschaffen wurde. Heute findet man nur noch an wenigen Stellen Spuren dieser Bahn.
1990 wurden zwei Institutionen gegründet, die heute zu den kulturellen Schwerpunkten Weißensees gehören. Zum einem das Kunst- und Kulturzentrum Brotfabrik, zum anderen das Frei-Zeit-Haus, das der Gaststätte, der im Krieg zerstörten Stadthalle, neues Leben einhauchte.
Die heutige Berliner Allee hatte schon viele Namen. Anfangs schlicht Dorfstraße, 1880 mit der Gründung von Neu-Weißensee wird der Teil auf dem Gutsbezirk in Königschaussee und der Teil im alten Dorf in Berliner Straße umbenannt. Ab 1910 werden beide Straßen zur Berliner Allee zusammengelegt. 1953 wird die Berliner Allee nach dem kurz zuvor verstorbenen Präsidenten der CSSR Klement-Gottwald-Allee benannt. Am 31.8.1991 erfolgt die Rückbenennung wieder in Berliner Allee.
In den letzten Jahren ist Weißensee zu einem bevorzugten Wohnungsneubaustandort geworden. Insbesondere nördlich des Ortskernes Karow wurde auf ehemaligen Ackerflächen das Wohngebiet Karow-Nord errichtet. Durch "Lückenbauten" wurden viele Straßenzüge vervollständigt. Der wirtschaftlichen Umstrukturierung fielen viele Betriebe zum Opfer.
Das Weißenseer Wappen hat eine eigene kuriose Geschichte. 1905 von Alexander Giertz in Zusammenhang beabsichtigten Stadtwerdung entworfen, wurde weder dieses noch das 1912 von Bühring entworfene bestätigt, da „keine Gemeinden sondern nur Städte wappenwürdig seien“. Ungeachtet dessen wurde das Giertzsche Wappen benutzt. Es fand sogar Eingang in den Wappensaal des roten Rathauses. 1992 endlich wurde es durch den Berliner Senat offiziell bestätigt. Nur 8 Jahre später erlosch es durch die Bezirksreform.
Im August 1993 erfolgte im Beisein des Regierenden Bürgermeisters Diepgen auf dem Gelände von Stern Fleisch und Elfe an der Gustav-Adolf- Straße die Grundsteinlegung für die „Bürostadt Weißensee“. Ein Teil der alten Gebäude wurde abgerissen, ein anderer Teil vollständig saniert. Die neuen Gebäude wurden äußerlich den alten Gebäuden angepasst. Die Fertigstellung erfolgte 1997, allerdings scheinen sich die Investoren zu viel davon versprochen zu haben wovon der erhebliche Leerstand zeugt.
Die Straßenbahnlinien 23 u. 24 wurden 1995 erst bis zum Louise-Schroeder-Platz im Bezirk Wedding verlängert. Heute fährt die Straßenbahn, jetzt als M13, weiter bis zum Virchow-Klinikum.
Ende 1996 wurde das 1911 erbaute Kinder– und Säuglingskrankenhaus in der Hansastraße geschlossen. Nach mehreren Ausschreibungen zur Weiternutzung wurde es an Investoren verkauft, die ein wissenschaftliches und medizinisches Gesundheitszentrum errichten wollten. Leider waren das leere Versprechungen und die Gebäude sind inzwischen zu Ruinen verkommen. Nach mehreren Bränden, gerade in der letzten Zeit, werden die Gebäude wahrscheinlich nicht mehr zu retten sein.
Im April 1997 wurde in der Schönstraße die Parkklinik eröffnet. Sie entstand auf dem Gelände des Krankenhauses Weißensee sowie auf dem des 1937 geschlossenen Pferdemarktes. Von dem alten Krankenhaus wurden nicht alle Gebäude abgerissen, ein Teil wird heute als Ärztehaus genutzt. Die Parkklinik hat 350 Betten und ist ein Lehrkrankenhaus der Charite´.
Des Weiteren entstanden 2 neue Wohnanlagen. Auf dem ehemaligen Gelände der Gärtnerei Grille, später des VEG Gartenbau Berlin in der Parkstraße, entstand das neues Wohngebiet „Luisenhof“ sowie das Hotel „Königin-Luise“. Das zweite Quartier wurde auf dem Gelände von Elite-Fleischwaren zwischen Prenzlauer Promenade, Brauhausstraße und Am Steinberg errichtet. Die dort entstanden Wohnungen haben zum Teil sehr spitze Erker und Balkone.
Zwei Platzbenennungen sollten an die Weißenseer Filmgeschichte erinnern. 1999 wurde in der Nähe der alten Filmateliers ein kleiner Platz in Joe-May-Platz benannt. Er drehte zwischen 1916 und 1928 hier in Weißensee 23 Filme. An einen dieser Filme erinnert die zweite Platzbenennung. Nach der Titelfigur von „Das Cabinet des Doktor Caligari“ wurde 2002 die Fläche hier an der Weißenseer Spitze in Caligariplatz benannt.
Am 31.12.2000 endete die Selbständigkeit der Bezirke Prenzlauer Berg, Weißensee und Pankow. Seit dem 01.01.2001 gehören Weißensee, Karow, Blankenburg, Heinersdorf und die Stadtrandsiedlung Malchow zum Großbezirk Pankow. Weißensee ist damit zu einem der 13 Ortsteile des neuen Bezirks Pankow geworden.
Durch Einsparbemühungen im Bezirkshaushalt wurde am 01.07.2003 das Stadtgeschichtliche Museum Weißensee geschlossen. Der Verein Weißenseer Heimatfreunde betrieb das Museum bis zur endgültigen Aufgabe des Museumsstandortes 2007 aber weiter. Seither wird die Geschichtsarbeit in Weißensee ohne Museum durchgeführt.
Das zu DDR-Zeiten beliebte Kreiskulturhaus wurde 2006 geschlossen und fristet seitdem ein ungewisses Schicksal. Mehrere Anläufe zur Weiternutzung oder zum Verkauf scheiterten bisher. Seine Lage direkt an der Berliner Allee wird es aber sicher vor dem Schicksal der völligen Verwahrlosung siehe Kinderkrankenhaus bewahren.
Es entstanden zwei neue Oberstufenzentren in Weißensee. Das OSZ Gastgewerbe in der Buschallee öffnete zum Schuljahr 1999/2000, das OSZ Bautechnik in der Gustav-Adolf-Straße zum Schuljahr 2008/2009. An beiden Stellen wurden die Schulgebäude aus den 70er Jahren abgerissen. Des Weiteren bekam 2011 die Gesamtschule in der Langhansstraße einen großzügigen Erweiterungsbau.
Heute wird Weißensee als beschauliches Wohngebiet und Hort zahlreicher Künstlerateliers geschätzt, die sich nicht zuletzt wegen der berühmten Kunsthochschule Weißensee hier angesiedelt haben. Die kleinstädtische Ruhe in 15 min Entfernung zum Stadtzentrum sorgt für stetigen Zuzug, der aber auch seine Schattenseiten wie steigende Mietpreise mit sich bringt. Der Park am Weißen See, das Naturschutzgebiet „Fauler See“ und der große Jüdische Friedhof sind die bekanntesten Anziehungspunkte.